Die Bundeskunsthalle in Bonn präsentiert vom 26. Mai bis 08. Oktober 2023 eine Ausstellung über Migration mit dem Titel: Wer wir sind – Fragen an ein Einwanderungsland. Hier werden u. a. Exponate unseres Autors Lorenzo Annese („Vita da Gastarbeiter“) zur Schau gestellt. So beispielsweise sein Pappkoffer, mit dem er 1958 drei Tage und zwei Nächte von seiner Heimat Alberobello nach Bokensdorf in Niedersachsen reiste, um ein neues und – wie er hoffte – besseres Leben in Deutschland zu beginnen.
In der von Johanna Adam, Lynhan Balatbat-Helbock und Dan Thy Nguyen kurierten Ausstellung in der Bundeskunsthalle werden die Schicksale zahlloser MigrantInnen und Gastarbeiter aufgearbeitet, die man hierzulande nur allzu gerne vergisst. Unnachgiebig werden in der Ausstellung kritische Fragen an Deutschland, dem Einwanderungsland, gestellt: Wie entsteht das „Wir“ in einer Gesellschaft? Gelingt dies nur über die Abgrenzung zu „den Anderen“? Ist es möglich in unserer Gesellschaft zu einem gemeinsamen und umfassenden „Wir“ zu gelangen? Migration ist kein Sonderfall – sie ist der Normalzustand, zu jeder Zeit und überall auf der Welt. Die Menschen, die nach Deutschland kamen, kämpften seit jeher darum, Teil der Gesellschaft und ihrer Geschichte zu sein. Erfahrungen von Rassismus und Diskriminierung sind bis heute Alltag für Menschen, denen die Zugehörigkeit zum „Wir“ abgesprochen wird, ob mit oder ohne Migrationsgeschichte. Ihre Wege sind gekennzeichnet von Widerständen, aber auch von Erfolgen. Der Fokus der Ausstellung über Migration liegt auf Errungenschaften wie auch auf Hürden im Ringen um ein gleichberechtigtes Miteinander.
Die Exponate – Bilder, Niederschriften u. v. m. – stammen überwiegend aus der Sammlung des „Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland“ (DOMiD). Teils werden sie jedoch von nach Deutschland emigrierten Einzelpersonen zur Verfügung gestellt, so auch von Lorenzo Annese. Geboren 1937 in dem Dorf Alberobello, verlebte er in der Nachkriegszeit eine entbehrungsreiche Jugend in einer bitterarmen Gegend Apuliens. 1958, mit 21 Jahren, wanderte er, seinem Bruder folgend, nach Deutschland aus – ein italienischer »Gastarbeiter« der ersten Stunde. Er fand eine »neue Welt« voller Möglichkeiten, aber manchmal auch Feindseligkeiten. Er war der erste italienische Mitarbeiter der Volkswagen AG und blieb ihr über drei Jahrzehnte eng verbunden. 1965, als »IG-Metaller«, wurde er zum ersten nicht-deutschen Betriebsrat der Bundesrepublik gewählt und setzte sich unermüdlich für die Integration der großen italienischen Gemeinde in Wolfsburg ein. Heute lebt er, vielfach geehrt, mit seiner Frau Frieda in Deutschland, aber er werde immer »ein Nomade bleiben, nicht nur geografisch, sondern auch in Geist, Gewissen und Herz«.
Lorenzo Annese, geb. 1937, erster italienischer Mitarbeiter der Volkswagen AG und erster nicht deutscher Betriebsrat der Bundesrepublik. Mithilfe seines Neffen Pasquale Annese schrieb er in „Vita da Gastarbeiter. Von Apulien zu VW in Wolfsburg. Die Geschichte des ersten ausländischen Betriebsrats in Deutschland“ seine Lebensgeschichte nieder.
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