»Yallah Deutschland, wir müssen reden!« lautet der Appell, den Souad Lamroubal in ihrem Buch eindringlich formuliert und in ihrer gleichnamigen Podcast-Reihe selbst wörtlich nimmt. In Folge 1 spricht sie mit der Filmemacherin Mo Asumang über Rassismuserfahrungen, Morddrohungen, Ängste und den Dialog mit Andersdenkenden. Soll man mit Rechten reden? Und wenn ja, wie?
In ihren Reportagen und Dokumentationen macht Mo Asumang genau das: Hingehen und reden. Mit Querdenkern, Rechtsradikalen, christlichen Fundamentalisten. Ihre Gesprächspartner konfrontiert und befragt sie nach ihren Meinungen und lässt sich dabei selbst nicht aus der Ruhe bringen, egal wie haarsträubend deren Aussagen auch sein mögen. Und so schafft sie es nicht selten, dass sich ihr Gegenüber selbst entlarvt.
Indem ich vor diesen Leuten aus dieser Passivität – in der Du Dich echt schlecht fühlst – in eine aktive, fragende Haltung reingehe, habe ich gemerkt: Da geht was! Die haben ja Reaktionen, die schauen weg, schauen auf den Boden. Oder sie fürchten sich vor mir, da musste ich echt manchmal lachen, das hab ich mir so gar nicht vorgestellt.
Mo Asumang
Diese Souveränität und Gelassenheit ist allerdings Ergebnis eines langen Prozesses. Mo Asumang erzählt, als Kind durch all die erlebten Anfeindungen eine ängstliche, passive Persönlichkeit entwickelt zu haben: „Ich bin wirklich durch die Hölle gegangen. Aus diesem Gefühl heraus habe ich mich Jahr für Jahr weiterentwickelt, weil ich immer wieder Dinge hinterfragt habe und mich auch selber hinterfragt habe. Und heute rede ich nachts am Waldrand mit dem Ku-Klux-Klan und kann nur sagen, diese Methode des Nachfragens auf Augenhöhe und in die Neugierde gehen, das funktioniert tatsächlich.“
Den Dialog nicht abblocken, aber rassistische Sprache und Diskurse benennen und entkräften zu können ist zentral. Das gilt für Asumang auch in Räumen, in denen öffentliche Debatten stattfinden, wie etwa Talkshows. Denn dort sitzen bisweilen „Berufsrassisten“, die mit bestimmten Narrativen immer wieder versuchen, die Gesellschaft zu spalten und aus dem Gleichgewicht zu bringen. Diesen giftigen Stachel gelte es, immer wieder aufzudecken, und zwar durch Kommunikation und nicht durch Ausgrenzung.
Was spricht dagegen mit Andersdenkenden zu sprechen? Was spricht dagegen, mit einem Rassisten oder Homophoben zu sprechen? Da ist es eher die Gesellschaft, die sagt „Mit diesen Leuten spricht man nicht“. Aber das heißt noch längst nicht, dass ich mich daran halten muss.
Mo Asumang
Den Dialog zu suchen, einen kühlen Kopf bewahren und die eigenen Ängste ablegen: Für Mo Asumang sind diese Fähigkeiten elementar für konstruktive Debatte und die Demokratie. Daher hat sie gerade den Verein mo:lab e.V. gegründet: er bildet Dialog-Botschafter*innen und Dialog-Trainer*innen aus. Ziel ist es, Menschen zu befähigen, auch mit Anders- und Extremdenkenden im Dialog zu bleiben. Also: Yallah, wir müssen reden – und Yallah, wir können reden!
Die Autorin Souad Lamroubal ist deutsch-marokkanische Kommunalbeamtin und Dozentin für Interkulturelle Kompetenz, Soziale Kompetenzen und Kommunikation. In der Podcast-Reihe des Dietz-Verlags »Yallah Deutschland, wir müssen reden!« spricht sie regelmäßig über Integration, Migration und Rassismus. Dabei hört sie Betroffenen zu und diskutiert Fragen und Forderungen mit Politiker*innen und Wissenschaftler*innen.
Mo Asumang ist deutsche Filmregisseurin und -produzentin, Journalistin, und Autorin. Ihre Filme kreisen um das Thema Identität und Rassismus und setzen sich insbesondere mit Neonazis, Verschwörungstheoretikern und Fremdenfeindlichkeit auseinander. Auch ehrenamtlich engagiert sich Asumang gegen Rassismus, hält weltweit Vorträge zum Thema, wurde 2014 von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zur „Botschafterin gegen Rassismus“ ernannt und erhielt 2019 das Bundesverdienstkreuz am Bande. Zuletzt gründete sie den Verein mo:lab e.V.
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