Mehr als ein Viertel der Gesamtbevölkerung Deutschlands hat mittlerweile einen sogenannten „Migrationshintergrund“ – aber Alltagsrassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung sind in Deutschland alles andere als überwunden. Souad Lamroubal, deutsch-marokkanische Kommunalbeamtin, fordert als „Ausländerin in der (R)Ausländerbehörde“ deshalb in ihrem gleichnamigen Buch: „Yallah Deutschland, wir müssen reden!“. Diesen Appell nimmt Lamroubal selbst wörtlich und spricht in der aktuellen Podcast-Folge mit Vanessa Selent, einer engen Freundin aus gemeinsamen Schultagen, über Rassismus, Integration in Deutschland und die teils absurden Widersprüche im Umgang mit Migration.
Wer sind denn überhaupt „Wir“ und „Die“? Ist die Frage „Wo kommst Du her?“ legitim oder übergriffig? Was impliziert diese Frage für die Konstruktion von „deutscher Identität“? Und wachsen sich Rassismus und Ausgrenzung in einer multikulturellen Gesellschaft langfristig nicht sowieso ganz von alleine aus?
In dem einstündigen Gespräch diskutieren Selent und Lamroubal über Bildung, Chancengleichheit und die Frage, wo wir heute stehen. Anders als noch vor 20 Jahren sind heute etwa Professor*innen mit Migrationshintergrund keine Seltenheit mehr. Andererseits nehmen fremdenfeindliche Tendenzen heute auch unter jungen Menschen wieder zu – ein Widerspruch angesichts der Hypothese, dass junge Menschen weniger anfällig für Rassismus seien, weil deren Lebensrealität längst eine bunte und multikulturelle Gesellschaft abbilde.
Als Kommunalbeamtin kennt und benennt Lamroubal die Hürden, denen Migrant*innen in deutschen Behörden begegnen und fordert konkrete Veränderungen auch in Politik und Verwaltung: „Ich spreche da natürlich den Gesetzgeber, aber auch Kolleginnen und Kollegen an, die ich ‚Verwaltungs-Cowboys‘ nenne, die jahrelang in gewissen Bereichen sitzen und alles daran setzen, dass sich bloß nichts verändert!“
So stolpere die deutsche Bürokratie häufig über ihre eigenen Hürden, wenn ausländerrechtliche Regelungen und Strukturen die Integration von Migrant*innen blockieren. Schließlich ist Zuwanderung und nachhaltige Integration nicht nur aus einer rassismuskritischen, sondern angesichts der demografischen Situation Deutschlands ganz maßgeblich auch aus einer volkswirtschaftlichen Perspektive zu fördern.
Letzlich könne Integration nur gelingen, wenn wir uns tatsächlich auf Augenhöhe begegnen und anerkennen, dass wir es nicht mit einseitigen, sondern mit wechselseitigen Abhängigkeiten und Erwartungen zu tun haben. Insbesondere „wir Deutschen“ müssen hierfür unsere Arroganz ablegen, uns in Empathie und Demut üben, und – Yallah! – miteinander reden.
Souad Lamroubal ist eine deutsch-marokkanische Kommunalbeamtin für die Stadtverwaltung und Dozentin für Interkulturelle Kompetenz, Soziale Kompetenzen und Kommunikation. Außerdem ist sie Vereinsvorsitzende und Initiatorin der „Bonner Comedy-Nacht – Humor öffnet Grenzen“. Weitere Infos auf ihrer Website https://www.migration-bildung.de/. Auf der Seite „IchDuWir.NRW“ ist ein Film mit ihr zu sehen.
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