»Das Glück bauen – die Welt verändern« Zwei Architekten und die Geschichte des sozialen Wohnungsbaus

Christoph Ehmann widmet sein neues Buch »Das Glück bauen – die Welt verändern: Die Stadtplaner und Architekten Bruno Taut und Martin Wagner«, den Erbauern der Berliner Großsiedlungen der 1920er-Jahre. Bruno Taut und Martin Wagner zeigten der Welt, was im sozialen Wohnungsbau unter den vorgefundenen Bedingungen möglich gemacht werden konnte. Ehmann würdigt die beiden Pioniere, die maßgeblich zur Geschichte des sozialen Wohnungsbaus beigetragen haben.

Von der Großsiedlung zum Weltkulturerbe

Bruno Taut und Martin Wagner schufen in den 1920er- und 1930er-Jahren Großsiedlungen der Moderne, die zum Vorbild für den sozialen Wohnungsbau wurden und heute zum Weltkulturerbe gehören. Dazu zählt auch die bekannte »Hufeisensiedlung« im Berliner Ortsteil Britz, die seit 2008 zum UNESCO-Welterbe gehört. Taut und Wagner trafen sich 1919 in Berlin und wirkten hier 13 Jahre gemeinsam mit den besten Architekten ihrer Zeit. Martin Wagner gab den Anstoß dafür, dass die Gewerkschaften gemeinnützige Einrichtungen schufen und so für ihre Mitglieder menschenwürdigen, schönen und bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellten.

Dies wurde als sozialistisch gebrandmarkt. Sowohl Taut als auch Wagner mussten nach dem 30. Januar 1933 Deutschland verlassen und gerieten lange Zeit in beabsichtigte Vergessenheit. Als Folge dessen gibt es über diese politisch und praktisch ergebnisreiche Zusammenarbeit der beiden Architekten nur ein paar Randbemerkungen. Christoph Ehmann schildert erstmals ihre enge Verbindung, ihre nahezu anderthalb Jahrzehnte dauernde fruchtbare Zusammenarbeit und die Realisierung ihrer politischen Visionen.

Wer waren die beiden Architekten?

»Die Stadtplaner und Architekten Bruno Taut (1880-1938) und Martin Wagner (1885-1957) waren demokratische Sozialisten, der eine ohne, der andere mit – zeitweise – sozialdemokratischem Parteibuch. Wagner verachtete Architekten, die sich mit ihren Häusern Denkmäler für die Nachwelt setzen wollten. Taut lehnte es – anders als Le Corbusier oder Gropius – ab, Bauten oder gar Siedlungen seinen Namen einzuschreiben. Denn der Bau von Siedlungen war nur gemeinsam mit den vielen am Bau Beteiligten möglich. »Ein Plan ist nichts ohne die vielen, die an seinem Gelingen mitwirken«, so Taut.«

»Bei der politischen Durchsetzung ihrer Pläne half ihnen, wenn auch nur indirekt, die Russische Revolution. Taut und Wagner konnten auf nachahmenswerte Leistungen in der frühen Sowjetunion verweisen, was die Angst des »Westens« vor einer möglichen Sympathie der Massen in Deutschland für diese Bewegung schürte. Die Furcht war letztlich unbegründet. Taut und Wagner trennten sich bald von der sowjetischen Politik, die zum Stalinismus verkam. Sie planten und bauten, um den Menschen ein eigenständiges Leben zu sichern, nicht um sie auf eine Massengesellschaft zuzurichten. Doch auf solche Differenzierungen in der sozialistischen Weltanschauung zu achten, war schon in jener Zeit in Deutschland nicht üblich. Die Konsequenz: Beide konnten ihr Leben nur noch außerhalb des nationalsozialistischen Herrschaftsbereichs retten. Ein hinreichender Grund, um sie nach 1945 Jahrzehnte lang »links liegen« zu lassen. Erst nach dem Beginn der Entspannungspolitik war es möglich, sich ihrer zu erinnern.«

Christoph Ehmann, geboren 1943, ist Prof. Dr., Politologe und arbeitete in verschiedenen Einrichtungen der Bildungsverwaltung, zuletzt als Staatssekretär im Kultusministerium Mecklenburg-Vorpommern. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte des Bildungswesens. Er lebt in Berlin.

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